Saarland Überwachungsland? – Gegen die Ausweitung der Überwachung und die Militarisierung der Polizei!
Bereits in den vergangen Jahren wurden im Saarland Überwachungsinstrumente ausgebaut und die Polizei aufgerüstet: die Kameraüberwachung des öffentlichen Raumes wurde ausgeweitet, der Einsatz von Bodycams im öffentlichen Raum wurde gestattet und seit 2019 dürfen Polizist_innen per Verordnung im Saarland flächendeckend Elektrotaser einsetzen, obwohl diese immer wieder zu Todesopfern führen. Nun sollen mit dem neuen „Gesetz zur Neuregelung der polizeilichen Datenverarbeitung im Saarland“ diese Befugnisse nochmals massiv ausgeweitet werden.
Gravierende Einschnitte in die Freiheitsrechte: Nicht mit uns!
Obwohl Deutschland Jahr für Jahr eine Senkung der Kriminalitätsrate verkündet, jagt eine Gesetzesverschärfung die nächste. Offensichtlich reichen vage Terrorängste und diffuse Unsicherheitsgefühle in der Bevölkerung schon vollkommen aus, um einen immer autoritäreren Sicherheitsapparat aufzubauen. Abstrakte Gefahren genügen der saarländischen Landesregierung, um die gesamte Bevölkerung unter Generalverdacht zu stellen. Immer stärker wird die Idee einer sogenannten „präventiven Kriminalitätsbekämpfung“ propagiert. Doch dies bedeutet nichts anderes als die Einschränkung von Freiheits- und Grundrechten zugunsten mutmaßlicher Sicherheit.
Was das neue Polizeigesetz konkret bedeutet
Die Maßnahmen des CDU-geführten Innenministeriums würden alle treffen. So sieht das Gesetz unter anderem folgende Maßnahmen vor:
- Den Einsatz von Bodycams auch in Privatwohnungen.
- Noch mehr Videoüberwachung im öffentlichen Raum.
- Der Einsatz von elektronischen Fußfesseln.
- Die Einführung des Kontaktverbots.
- Die Ausweitung der Telefonüberwachung.
- Die Erlaubnis, auch verschlüsselte Messengerdienste per Staatstrojaner zu überwachen.
- Die Abschaffung des konkreten Gefahrenbegriffs: Eingriff der Polizei auf Verdacht und ohne konkrete Belege für eine Straftat.
Wieso wir das Gesetz ablehnen
Die geplante Reform wird in Teilen als noch weitreichender eingeschätzt als beispielsweise das bayrische Polizeigesetz, welches im vorletzten Jahr bundesweit massiver Kritik ausgesetzt war. Das neue Gesetz würde eine massive Ausweitung staatlicher Eingriffsbefugnisse darstellen, die wir nicht hinnehmen wollen.
Schon in der Vergangenheit hat die Polizei im Saarland gezeigt, wie sie mit ihren Befugnissen umgeht: Als trauriger Höhepunkt ist hier der Folterfall aus dem Jahr 2014 zu nennen, als ein Polizeibeamter eine Person körperlich misshandelte und einer „Scheinhinrichtung“ unterzog. Auch die bisherigen Maßnahmen stehen außerdem bereits in der Kritik: Die Landesdatenschutzbeauftragten haben beispielsweise bereits bei vergangenen Einsätzen der saarländischen Polizei datenschutzrechtliche Mängel festgestellt, ohne das dies nennenswerte Konsequenzen hatte.
Gutachten belegen: Dieses Gesetz ist verfassungswidrig
Für die Pläne der Landesregierung hagelte es bereits massive Kritik. Datenschützer betrachten das Gesetz als verfassungswidrig und auch der größte Teil der bisher erstellten Gutachten meldete massivste Bedenken zu den Inhalten des Gesetzentwurfs an. Durch das neue Gesetz können viele der neuen Maßnahmen auch ohne konkrete dringende Gefahr zum Einsatz kommen. Ein wager Verdacht kann ausreichen und unter Verdacht können wir alle stehen. Und nicht nur das: Da sämtliche Regelungen für den präventiven Einsatz bestimmt sind, bedeutet dies, dass im Grunde genommen nicht einmal ein Verdacht vorhanden sein muss. Anders ausgedrückt: Auch ohne den Verdacht auf eine Straftat können Bürger_innen zukünftig den Repressionsmaßnahmen der saarländischen Polizei ausgesetzt sein.
Der in dem neuen Gesetz fehlende konkrete Gefahrenbegriff bedeutet, dass die Einsatzmöglichkeiten für die Maßnahmen ganz erheblich erweitert und potentiell willkürlich werden. Grundrechte werden so zur Auslegungssache für Polizeibeamte. Denn die Polizei selbst soll in erster Instanz entscheiden, wann sie die allgemeinen Persönlichkeitsrechte und andere Grundrechte einhält und wann nicht. Bei Verstößen gegen das Gesetz ermitteln dann Kollegen gegen Kollegen. Die extrem niedrige Aufklärungsquote bei Anzeigen wegen Polizeigewalt zeigte bereits in der Vergangenheit, dass dieses System nicht funktioniert. Bezüglich der Videoüberwachung, sowohl im öffentlichen wie privaten Raum, ist zudem herauszustellen, dass das gefilmte Material vor Gericht nur gegen Angeklagte verwendet werden kann, aber nicht zu deren Entlastung. Zudem soll das Videomaterial auch nicht verwendet werden dürfen, um etwaige Gesetzesbrüche und Übertretungen seitens der Polizei zu belegen.
Grundrechtseinschränkungen per Gesetz in Zeiten von Corona?
Der Zeitpunkt ist zudem äußerst problematisch gewählt: aufgrund der Coronamaßnahmen ist es den Bürger_innen nicht möglich, Protest in allen gängigen Formen auszuüben. Wir verurteilen es schärfstens, dass die Koalition aus CDU und SPD dennoch nicht davor zurückschreckt, ein Gesetz verabschieden zu wollen, das einen direkten Angriff auf unser aller Grundrechte darstellt. Zu einem demokratischen Willensbildungsprozess gehört zwangsläufig auch, dass in vollem Umfang Protest dagegen möglich sein muss. Der kompromisslose Kurs von Innenminister Klaus Bouillon, der das Gesetz trotz aller Bedenken und Kritik so schnell wie möglich verabschiedet sehen möchte, erinnert an die Politik rechter autoritärer Staaten wie beispielsweise Polen oder Ungarn.
Wir müssen jetzt handeln!
Wir müssen nun gemeinsam aktiv werden, um dieses neue Gesetz zu verhindern. Das heißt sowohl öffentlich laut Kritik zu üben, als auch unseren Widerstand und Protest nach außen zu tragen. Das Saarland darf nicht zum Überwachungsland werden!
Wir stehen für einen kompromisslosen Schutz bereits erkämpfter Freiheitsrechte. Wir lehnen Überwachung und Repressionen auf Verdacht klar ab! Statt immer neuer Befugnisse für die Polizei fordern wir daher:
- Den Stop des aktuellen Gesetzentwurfs!
- Eine demokratische Kontrolle der Polizei und eine unabhängige Ermittlungsbehörde für Rechtsbrüche, die von der Polizei ausgehen!
- Eine Kennzeichnungspflicht für Polizeibeamte!
- Den Stop der Aufrüstung der Exekutive!
- Das sofortige Verbot des Einsatzes von Elektrotasern durch die Polizei!
Wir sind nicht bereit, unsere Freiheiten zugunsten von vermeintlicher Sicherheit zu opfern! Unterstützt uns und macht mit. Lasst uns das geplante Gesetz gemeinsam verhindern.
Das Bündnis ist ein Zusammenschluss folgender Parteien und Organisationen: